INTENTION
Also ich glaube, oft bin ich verwirrt und weiß das nicht. Und zwischendurch, in so klaren Momenten oder in Zeiten, wo ich viel Spaß an der Arbeit habe, dann glaube ich, dass das irgendwie darum geht, mich selbst als so ein historisches Subjekt zu sehen und sowohl meine eigenen Traumata zu verarbeiten, aber nicht nur im Sinne von meine persönlichen jetzt in meinem Leben, sondern die irgendeinen historischen Bezug haben, also die auch für andere Menschen gelten und dann dadurch was zu verstehen, was mich auch mit anderen verbindet. Einerseits, es geht natürlich, du gehst irgendwie in Isolation und machst deine eigene Arbeit, aber eigentlich geht es darum, mich zu verbinden mit der Welt oder mit anderen und Dinge, die unverbunden sind, die unbearbeitet sind, zu bearbeiten. Und das ist für mich auch – zum Teil sehe ich das als eine Aufgabe, die ich gar nicht in meinem eigenen Interesse tue. Und vielleicht will ich irgendwann mein eigenes Interesse darin finden, aber ich glaube das ist-. Deswegen geht es auch manchmal um Geister und so, weil ich glaube, ich arbeite nicht nur in meinem eigenen Interesse, sondern im Interesse von Geistern. Ob das jetzt die Geister meiner Eltern sind oder Großeltern oder ob das irgendwie so historische Geister sind, die immer noch umherspuken und irgendwie verbunden werden müssen, damit sie still sind oder sich auflösen. Ja genau, es geht am Ende darum in der Gegenwart anzukommen. Aber deswegen finde ich halt so diese Idee von der zeitgenössischen Kunst auch irgendwie lustig, weil da geht man davon aus, als wäre das Zeitgenössisch-Sein schon da und – oder vielleicht geht man davon nicht aus, aber vielleicht ist es irgendwie – es geht darum irgendwann mal zeitgenössisch zu werden oder so oder was auch immer das heißt, aber eher im körperlichen Sinne da zu sein, präsent zu sein und nicht mehr so sehr auf diese – ja, nicht mehr so sehr im Interesse irgendwelcher historischen Traumata zu agieren. Also das hat natürlich in Deutschland noch mal eine ganz besondere Bedeutung, weil halt hier immer alles historisch verstanden ist. Und da finde ich zum Teil auch diese Sache – also, wenn ich jetzt gucke, was in den USA passiert, da fehlt das vielleicht ein bisschen, oder auch in England – im ganzen Anglo-Bereich, der immer noch jetzt gerade sozusagen imperial dominant ist – in dem Kontext spielt die Geschichte erstmals keine so große Rolle wie jetzt im deutschen Diskurs. Aber für mich spielt es halt immer noch eine große Rolle, aber auch im Sinne von – das ist nicht der Selbstzweck, also ich will nicht Geschichte um der Geschichte willen oder weil es irgendwie – also ich will eigentlich die Geschichte loswerden. Also es geht eigentlich darum – so wie auch – ich will auch die DDR loswerden, ich will nicht irgendwie die DDR wiederhaben und deswegen beschäftige ich mich damit, sondern es ist das Gegenteil davon. Und deswegen muss ich mich aber damit beschäftigen und dann – aber auch nicht nur für mich selbst, sondern halt auch vielleicht dafür, was auch – es beschäftigt ja offensichtlich auch viele andere Leute und beschäftigt sie vielleicht auch in Arten und Weisen, mit denen ich nicht übereinstimme und wo ich merke, dass da einfach viel zu viel Aggression existiert. Also es geht auch-, ja also es geht in meiner Kunst auch viel um Aggression, also es geht darum, zu versuchen Aggression abzubauen. Nicht nur meine eigene, sondern auch die Aggression von anderen. Und die kommt ja aus historischen Verletzungen oder aus – historisch sage ich jetzt einfach mal, aber aus vergangenen Verletzungen. Aber historisch auch im Sinne von Identität, Erniedrigung oder Schuld, Täterschaft, Hierarchien, die Spuren hinterlassen haben. Aber die können – wer weiß wie alt diese ganzen Sachen sind, das ist halt auch das, wenn man sich so mit historisch- Geschichte beschäftigt. Du weißt ja auch nicht, was sich zum Beispiel genetisch alles vererbt und mit welchen Geistern ich jetzt zu tun habe, ob das jetzt die von meiner Mutter, von meiner Großmutter oder von sonst wem sind. Aber gleichzeitig eben auch – also was im symbolischen Bereich passiert, im Sprachlichen. Ich werde wohl mein ganzes Leben damit auch zu tun haben, dass ich eben in einer Zeit Kind war – aufgewachsen bin, wo die Geschichten gebrochen worden sind, also in dem halt alle Erwachsenen, alle Lehrer*innen, alle sozusagen mal kurz keine Geschichte hatten, die sich erzählen ließe, sowohl über ihr eigenes Leben, als auch über die Geschichte als solches oder die politischen Zusammenhänge, in denen sie sind, dass das alles plötzlich total offen war und es eben auch keine klaren Strukturen gab, im Sinne von, wer weiß Bescheid und so, es wusste eigentlich niemand Bescheid. Das wird mich, denke ich, schon mein ganzes Leben prägen. Ich weiß nicht, ob es da irgendeine Kausalität gibt, aber ich tendiere manchmal dazu, das so zu verbinden, also die Frage, warum in meiner Arbeit die Narrative immer so lose sind und, dass ich dann aber auch irgendwie das versuche abzufeiern, irgendwie zu sagen, das ist auch schön. Also es geht ja auch darum, das, was schwierig war, irgendwie zu akzeptieren und dann halt daraus was zu machen und nicht zu sagen, das hätte jetzt anderes sein sollen und ich wünschte es gäbe eine klare Story oder so. Das ist halt auch Teil des Lebens und das ist halt eine neue Realität, dass es halt nicht immer so ist. Also wenn ich jetzt sage Traumata oder so, dann meine ich das nicht im Sinne von, es gibt irgendein perfektes Leben, was kein Trauma hat oder es gibt irgendeine Ordnung und die versuche ich wiederherzustellen oder so. Ich glaube nicht, dass es eine Ordnung gib. Aber man muss natürlich sich die Dinge trotzdem angucken, die schwierig waren oder schwierig sind. Und wir leben ja in einer sehr logozentrischen Kultur und das Fühlen wird eher als Problem wahrgenommen. Aber ich sehe meine Aufgabe als Künstlerin das zu lernen und vielleicht interessiert das auch andere Leute. Das hat auf jeden Fall was mit emotionalem Arbeiten zu tun, aber nicht im Sinne von nur Fühlen. Deswegen habe ich dieses Tarot-Deck gemacht, weil es halt- es ist ja auch eine dialogische Form, aber es geht auch dann – also das lässt sich nur in der Situation halt aktivieren, die real ist und die ein Dialog ist, die auch eine therapeutische Funktion hat. Aber nicht im Sinne von therapieren, im Sinne von irgendwas heilen, was dann geheilt ist und fertig ist oder so, sondern Austausch im Leben, hingucken, ermöglichen. Aber da ist es ja zum Beispiel auch so, dass es halt – es gibt halt die Apparate, die Bewegungen, die Nerven und die Papiere und die sind alle gleich wichtig. Und das finde ich am Tarot halt so toll, an diesem System, dass es halt nicht darum geht, irgendetwas über das andere zu stellen, sondern das ist ein egalitäres System. Im Sinne von, manchmal ist davon mehr da, manchmal davon mehr da, keins ist besser als das andere, das ist kein binäres oder kein dualistisches System. Oder kein bewertendes System, es geht gar nicht um Bewertung. Sondern es geht darum, zu sehen, das ist vielleicht eher etwas Emotionales, das ist vielleicht was Körperliches – es gibt diesen Bereich der körperlichen Bewegung, der Emotion, des Spürens und dann der rationalen Verarbeitung, symbolischen Prozesse und auch den Bereich der Materialität, der Werte und so. Und das finde ich total spannend, zu sagen, das muss alles ineinandergreifen und eigentlich – dass es gut ist, zu trennen voneinander und das auch wieder zu verbinden. Deswegen, in der Kunst habe ich die meiste Freiheit, mir diese Dinge selber zusammenzustellen, je nachdem, wie ich sie gerade brauche. Und das ist ein Privileg das machen zu dürfen, das hat bei mir natürlich auch was mit einer gewissen materiellen Absicherung zu tun, die ich ein paar Jahre hatte und, die mir das ermöglicht haben nicht sofort einen Job zu machen. Aber das ist halt – also in der Kunst ist es halt möglich, diese Zusammenstellung irgendwie anzupassen, je nach Bedürfnis. Und wenn ich jetzt nur akademisch arbeiten würde das Emotionale zu kurz kommen oder da würde auch die Bewegung zu kurz kommen.