Ich denke nach wie vor, dass physische Ausstellungen ein sehr gutes Format sind, die diese Konzentration ermöglichen, weil sie einen zwingen, mit einem Körper physisch sich in eine Situation zu begeben und einfach einen Raum kreieren, um für eine Stunde oder so nicht abgelenkt zu sein. Dafür bin ich dem altmodischen Format der Ausstellung sehr dankbar. Das schätze ich sehr und darin sehe ich auch zum Beispiel eine Analogie zur Malerei als Medium. Das hat zum Beispiel auch dieser Künstler, Hamishi Farah, von dem ich vorher erzählt habe, gesagt. Als ich ihn gefragt habe, wieso malst du überhaupt, hat er gesagt: „Weil es mir eine andere Art der Konzentration bietet. Weil ich gezwungen werde, langsamer zu gucken und mich lange- länger mit einem Bild zu beschäftigen.“ Und für mich ist das eigentlich auch- für mich ist die Ausstellung ein analoges Format dazu, weil es mich einfach zwingt, mich physisch in eine Situation zu begeben. Also man muss sich vor Augen halten, dass eigentlich bis in die 2000er Jahre war das Internet ein ziemlich ungestalteter Ort. Webseiten waren nicht wirklich schön. Kunst musste man sich besser im Ausstellungsraum anschauen, weil Ausstellungsdokumentation da wurde auch noch nicht so viel Wert darauf gelegt. Und dann, mit dem Aufkommen dieser neuen Plattformen, dieser neuen Webseiten wie zum Beispiel Contemporary Art Daily, mit diesen neuen Formaten wurde eigentlich die Ausstellungsdokumentation unglaublich wichtig. Und Künstler haben sich- geben sich ja auch unglaublich viel Mühe, um die richtigen Bilder hinzukriegen, um ihre Arbeiten gut zu dokumentieren, gut fotografiert zu haben. Und das hat sich eigentlich wie in ein neues- in ein neues Bildformat- daraus hat sich ein neues Bildformat ergeben, mit eigenen Regeln. Also, dass man zum Beispiel aus einem möglichst weiten Blickwinkel fotografieren möchte, dass das Licht möglichst weiß aussehen soll, dass man möglichst keine Ablenkungen auf den Fotos haben möchte, dass alle kleinen Dinge, die im Raum stören könnten, wie zum Beispiel Steckdosen, dass man die wegphotoshoppt (lacht). Genau, das ist eigentlich mit einer Webseite wie Contemporary Art Daily oder dann anderen Formaten, die auch diese Dokumentationsbilder verbreiten. Das ist eigentlich sehr wichtig geworden und vorher war das nicht so präsent. Und dadurch, dass diese Fotos jetzt so ansprechend geworden sind, dass dieser Standard neu gesetzt wurde, dadurch kann man sich jetzt online sehr gut die Dokumentation von Ausstellungen anschauen. Aber man muss sich auch immer vor Augen führen, dass das gemacht Bilder sind. Genau indem sie nämlich, wie ich es beschrieben habe, also dass sie stark bearbeitet sind. Es ist natürlich wichtig, wie sich ein Museum präsentiert in punkto Web-Präsenz, in puncto des Bespielens von sozialen Medien. Das ist aber vielfach etwas, was mehr von der Marketing-Abteilung dominiert ist, denn von einer künstlerischen oder inhaltlichen Seite. Und da- also es ist aber auch ein spannender Umstand, weil sich da auch zeigt, wie sich dieser Raum- also die Selbstdefinition dieses Raumes wird damit auch auf den Punkt gebracht. Dass es eigentlich vor allem gesehen wird, als ein Marketing-Raum. Also ein Raum, wo man die Marke des Museums- dass man der Marke des Museum Sichtbarkeit verschaffen kann und, dass es weniger um einen inhaltlichen Raum geht, der auch- den man sieht als eine Verlängerung des Ausstellungsraumes. Was ich immer schade finde, oder was ich sehr schwierig finde, ist diese Unvereinbarkeit von einerseits inhaltlichem Anspruch im Ausstellungsraum und dann, wenn man sich in den Raum des Internets begibt oder in den Raum der sozialen Medien, dass man dann einfach ein- eine Art der anderen Kommunikation ansprechender findet, oder dass man das Gefühl hat- vielfach haben die Marketing-Abteilungen das Gefühl, dass man ganz anders kommuniziert online, dass man zugänglich sein muss, dass man alle zum Beispiel mit „Du“ anspricht (lacht). Und diese Inkongruenz, also diese Unvereinbarkeit zwischen inhaltlichem Anspruch, den man physisch hat, im physischen Ausstellungsraum, und diese ganz andere Form des Ansprechens, in der man dann online hantiert, das finde ich seltsam (lacht). Weil, genau, das zeigt auch so ein bisschen, wie dieser Raum der sozialen Medien oder des Internets, wie dieser Raum eingeschätzt wird und, dass vielleicht, dass man da noch viel mehr machen könnte. Dass man diesen Raum viel ernster nehmen könnte.