Ich heiße Fabian Ginsberg. Und ich bin Künstler. Künstler ist eine bestimmte Rolle, die man einnehmen muss.
Und damit ein Agent für bestimmte Operationen im Feld. So ganz verwechseln sollte man sich nicht damit.
Netzwerk ist ja ein Begriff für bestimmte Organisationsformen. Und den kann man auf alles Mögliche anwenden,
die Frage ist, wie weit man das eben dann auch begründen kann. Im Moment versteht man unter Netzwerken
meistens Personifikationen oder Seilschaften und nicht diesen reinen abstrakten Begriff einer bestimmten
Verteilung. Ich setze den Netzwerkbegriff gegen das Subjekt ein. Die Person oder das Subjekt oder die
Künstlerrolle ist da eine bestimmte, ein bestimmter methodischer Komplex, den man benutzen kann. Aber den
muss man ja nicht ontologisch missverstehen. Es fügt nichts hinzu, wenn man davon ausgeht, dass es wirklich
Künstler gibt. Man kann auch einfach nur so tun, als gäbe es welche. Man kann freier operieren. Man ist nicht
festgelegt. Leute, die sich mit sich selbst verwechseln, stellen oft nicht ganz so wandlungsfähige Apparate her.
Das ist aber ja auch jetzt eigentlich schon trivial, weil es seit den, sagen wir mal 80ern immer mehr Künstler gibt,
die in unterschiedlichen Rollen auftreten. Als Kuratoren, als Schreiber, es gibt art and research und so weiter, es
gibt Netzwerke von Galerien und von Kooperationen im so genannten Markt. Das sind alles unterschiedliche
Rollen, Rollenmodelle, die man benutzen kann. Sich völlig damit zu identifizieren, mit der Rolle, ist eine Strategie,
um die Rolle warenförmiger zu machen, also verkäuflicher zu machen. Wenn man sich einfach damit
verwechselt, schränkt man die Handlungsfähigkeit wieder ein, die man gerade gewonnen hat. Wobei diese
Liberalisierung natürlich nicht automatisch eine Befreiung ist. Das kommt immer noch darauf an, mit welchen
Programmen man sie-, oder mit welchen Programmen man operiert. Ich gehe ja davon aus, dass die Wirklichkeit,
nach der du schon gefragt hast, nicht einfach so da ist, sondern, dass sie hergestellt wird, mit bestimmten
Konzepten oder Modellen. Davon ist das Subjekt-Objekt-Modell ein viel benutztes Modell oder Programm, um
Wirklichkeit zu schreiben. Das hat bestimmte Vorteile und Nachteile und es ist an eine bestimmte historische
Position gebunden, eine Zeit, die vermutlich vorbei ist. Im Moment würde ich behaupten, dass das Subjekt und
die Subjektivität besonders dafür benutzt werden können, Nutzer oder Konsumenten herzustellen und eine
Identifikation mit einer Warenförmigkeit herstellt. Der Netzwerkbegriff wäre erstmal nur der Versuch bestimmte
Kategorienfehler zu vermeiden, die zum Abschöpfen von Sinn oder zur Ausbeutung benutzt werden können.
Erstmal ist es noch nicht emanzipativ oder befreiend, sich als ein Netzwerk zu bezeichnen. Das ist nur eine andere
Beschreibungsform. Aber es ist jetzt nicht so, dass Künstler besonders netzwerkartig wären. Das Subjekt hat ja
eine bestimmte räumliche Verankerung und bestimmte Konturen, bestimmte Grenzen und Inhalte. Das ist eine
bestimmte Beschreibungsform, die für dynamische Prozesse in der Zeit nicht so gut geeignet ist. Und mit der
Netzwerkmetapher könnte man besser auf die systemische Einbettung eingehen. Das Netzwerk hat ja keine
festen Grenzen, sondern Verbindungen. Oder man kann die Verbindungen auch als Grenzen sehen, je nachdem,
welche Vermittlung da hergestellt wird, ob es einseitigen Tausch gibt oder symmetrische Verhältnisse, ob sich
verschiedene dynamische Prozesse aneinander herstellen oder einer eher reduziert wird, ob es Reziprozität gibt.
Das sind alles Möglichkeiten der Beschreibung, die dann hergestellt werden, wenn man nicht von klaren Grenzen
ausgeht, sondern davon, dass Grenzen und Vermittlungen die ganze Zeit hergestellt werden und, dass man auf
keinen Kern zurückgehen kann.