METHOD
Eine künstlerische Denkweise ist für mich, wie man eine bestimmte Sensibilität und Aufmerksamkeit gegenüber Systemen hat oder Settings, ich nenne sie Settings, die vielleicht – also so ein Netzsystem einfach für mich darstellen. Rhizom haben das ja natürlich in anderem Kontext begriffen, aber für mich ist das wirklich so ein Vernetzen von der Wahrnehmung: Was nimmt man wahr, wie nimmt man das wahr? Und auch so ein Hinterfragen. Also eine Sensibilität entwickeln für bestimmte Dinge in der Welt oder in der Umgebung. Die muss nicht unbedingt störend sein, aber vielleicht die auffallen und das zu hinterfragen, warum fällt das auf. Es ist auch ernst zu nehmen, wenn einen etwas fasziniert, genauer hinzuschauen, warum es einen fasziniert. Wenn etwas einen stört, genauer hinzuschauen, weshalb es einen stört. Ich denke, dass man oft davon ausgeht, dass es an einem selbst liegt, dass vieles einen stört, und mich interessiert das Konstrukt dahinter. Also ich glaube diese künstlerische Denkweise geht auch ganz stark darum, bestimmte Bilder oder Settings eben auseinanderzunehmen, also zu spüren, nachzuspüren und Auffälligkeiten für sich selber auseinanderzunehmen, also zu dekonstruieren vielleicht auch und zu schauen, worauf verweist das? Was hat damit alles zu tun? Um dann vielleicht auch bestimmte Unstimmigkeiten aufzudecken und da sich, in welcher Form auch immer, sei es als künstlerische Arbeit oder als aktivistische, politische Arbeit, als kunstpädagogische Arbeit in der Kunsterziehung, einzubringen. Also man kann auch in die Werbung gehen und da auch schauen, wie man andere Bilder schafft und sich natürlich dann aber auch mit Erwartungen da oder bestimmten Vorgaben – wie man sie da aufbrechen kann. Also vielleicht auch so eine – fühlt sich oder hört sich vielleicht sehr ideologisch an, aber in der Grundstruktur ist es im Endeffekt das, was alle in ihren einzelnen Feldern machen, mit so einem Wunsch nach mehr Bewusstsein oder ich finde Awareness ist vielleicht ein schönerer Begriff, also öffnet nochmal vielleicht etwas anderes als Bewusstsein im Deutschen. Also so eine Sensibilität und eine Aufmerksamkeit, die dann bestimmte Handlungen oder Denkweisen mit sich führt.
Ich würde mich nicht als Theoretikerin begreifen, aber ich muss auch feststellen, dass mich bestimmte Theorien, die ich – ich lese sie in dem Sinne gerne, weil ich das Gefühl habe, die helfen mir das zu greifen, was ich da spüre. Ich tue mich mit dem Spüren – weil das hört sich so spirituell an, aber so erfahre vielleicht, erlebe? Was auch ein großes Problem ist für super viele Künstlerinnen und Künstler zu verbalisieren, was da passiert, weil man ja auch eine andere Umsetzungsform gefunden hat oder findet. Das ist aber auch wichtig. Also ich finde, bestimmte Theorien verhelfen einem dazu Dinge für sich selber konkreter herauszustellen oder zu verbalisieren vielleicht. Diese Umsetzungsstrategien muss man erst mal erarbeiten und suchen und finden und für sich selber auch immer wieder mit einer Reflexion, mit Prozessen auch mit schauen und mitentwickeln. Und das ist ein anstrengender Prozess, weil man sich oft fühlt, wie ins kalte Wasser geworfen oder ins Nirgendwo geschickt. Wirklich so luftleerer Raum und jetzt mach mal und das ist genau was ich meinte, das sehr wichtig ist, nachzuspüren und genau hinzuschauen, was einen interessiert und warum. Klar ist es super viel Ausschuss auch. Oft interessieren einen Dinge nur, weil es irgendwie ästhetisch schön aussieht und darüber hinaus geht es dann vielleicht nicht. Oder vielleicht – aber auch doch, also vielleicht sind genau diese – also ein Freund von mir hat sich eine Zeit lang ganz stark mit Ornamenten auseinandergesetzt und Mandalas. Und in der Art und Weise der Ausarbeitung des Dranbleibens, des Auseinandernehmens referieren die Sachen. Also ich würde behaupten alles referiert auf etwas. Es gibt nichts, was nicht auf etwas verweist oder referiert, weil irgendwie auch aus allem irgendwie Dinge entstehen. Es ist ja sozusagen aus einem eins, also es ist ja aus einem Universum. Da noch mal genauer hinzuschauen und nicht eins zu eins zu übersetzen von Theorien in – also das kriege ich auch nie hin. Das möchte ich auch nicht. Die unterstützen aber viele meiner Denkweisen und Arbeitsweisen und vielleicht auch so ein shifting Moment, also das die meinen Fokus oder meinen Blick in bestimmte Bereiche shiften, die ich vorher nur so ganz vage gemerkt, gedacht habe. Und ich habe das Gefühl, dass, wenn man nach etwas sucht – also das ist auch so – nach etwas sucht, dann sucht man so lange, bis man etwas findet, was genau dem entspricht. Und das ist genauso eben im künstlerischen Arbeiten, dass man – ich suche so lange, bis ich merke, das könnte das Moment sein, könnte das Material sein, das das greift.
Und es braucht auch ganz lange Zeit. Also ich merke, bestimmte Dinge laufen immer parallel. Eine Faszination für bestimmte Sachen und dann mache ich Screenshots immer wieder oder – also das ist glaube ich so meine Art und Weise, wie ich an Dinge herangehe. Ich merke etwas, das mich da super fasziniert oder neugierig macht, und das ist meistens – also ich glaube ich hatte nie eine Zeit, wo mich nicht irgendetwas neugierig gestimmt hat, was schön ist, das ist aber dann tatsächlich eine Frage der Zeit, wann man die dann umsetzt oder ob sie nur eine Spannung bleiben und man sie nicht greifen kann. Also wann macht man sich quasi auf den Weg es zu greifen und vielleicht umzusetzen. Also durch Screenshots, durch Rumscrollen, durch Notizen machen – ich habe ein Skizzenbuch, in das ich auch gerne mal zeichne – also durch so eine andere Art und Weise Notizen machen oder durch Sprache auch so kleine Aphorismen – oder wie heißen diese kleinen japanischen Gedichtformen, Haiku? – obwohl das gar nicht so ist, aber so kleine Notizen, Aphorismen durch Wörter bestimmte Bilder zu greifen vielleicht oder mit denen zu brechen oder es anderes aufzunehmen. Und das finde ich auch super interessant, wie Sprache miteingeht oder was sie macht.
Und das ist auch eine Herangehensweise, dass ich da meinen Ort finde, wo ich bestimmte Dinge notiere, zeichne, skizziere, aufschreibe. Viel mit Screenshots, viel, wenn ich merke, zu einem Thema habe ich ganz viel, packe ich das in einen Ordner und fange an, da Recherche zu betreiben, auch nach bestimmten Begriffen zu suchen. Also ich habe jetzt ein Buch gefunden, nur weil ich Nahkörpertechnologien gefunden habe – ich habe nach Automatismus und Smartphone gesucht und bin dann bei so einem – ich glaube das war eine Dissertation – so Nahkörpertechnologien und wo es ganz viel um diesen Automatismus – und dann denke ich, ja genau das wollte ich, genau danach habe ich gesucht und das ist jetzt eine Dissertation darüber, wie Smartphones automatisiert sind in unserem Alltag und was ist überhaupt Automatismus etc.? Was ich super interessant finde und, was dann mit in die Arbeitsweise reinschwingt, aber vielleicht eine ganz andere Umsetzung hat.
Ich glaube, was ich als Methode beschreibe, ist eher so die Herangehensweise an die Dinge. Also dieses, ich merke da ist etwas, ich spüre was oder es interessiert mich etwas. Also ich glaube eher über dieses Interesse und dann zu schauen, was macht dieses Interesse aus? Was steckt da drinnen? Steckt da überhaupt etwas drinnen oder ist das nur so ein pleasure thing, was Kunst ja auch sein kann natürlich. So bis zu einem bestimmten Grad. Obwohl ich da einen anderen Anspruch oft auch habe an die Kunst. Genau das und dann quasi, wie gehe ich dann in die Recherche, in das Auseinandersetzen? Wie gehe ich auf die Material- oder Medium-Suche? Und das sind vielleicht so die Arbeitsweisen und dieses vielleicht auch Interaktion zwischen Theorien und ausprobieren und das ist so ein Wechselspiel. Viele arbeiten vielleicht rein intuitiv erstmal, also machen oder malen oder arbeiten drauf los, weil sie auch etwas interessiert, weil sie etwas erarbeiten, und schauen dann zwischendrin natürlich was oder zum Schluss oder arbeiten vielleicht doch rein intuitiv, ich weiß gar nicht. Bei mir ist das eher immer so ein Wechselspiel und vielleicht auch so ein sehr verkopftes, kontrolliertes Spiel, aber das ist vielleicht so meine Art und Weise des Arbeitens, die man auch gerne immer überdenken sollte. Ich finde da entwickelt man sich dann doch weiter, wenn man das auch mal hinterfragt und nicht nur das fährt, auch mal etwas anderes ausprobiert.