MEDIUM
Also ich arbeite mit zeitbasierten Medien. Ich mag den Begriff eigentlich nicht. Es gab damals dieses Institut für zeitbasierte Medien, da habe ich auch ein bisschen mitstudiert an der UDK. Aber es stimmt natürlich, weil ich halt mit Performance arbeite, mit Video, mit Radio und mit Text. Und das sind alles zeitbasierte Medien. Weil ich ja irgendwie Teil der Welt bin und versuche in Interaktion zu treten mit der Welt und dann kommt am Ende irgendwas zeitbasiertes dabei raus, weil ich in der Zeit lebe und, weil Veränderung das ist, woraus mein Leben besteht. Deswegen mache ich auch keine Objektkunst. Ich habe ein Objekt gemacht, das heißt This Handy Object. Das ist aber auch irgendwie mein Scheitern am Objekt machen, was hier drin ist. Die Galerie oder die Kunstwelt ist nicht dafür gedacht, dass du die Objekte anfasst. Die Objekte sind sakral oder was auch immer, sie sind vor allem wertvolle, kapitalistische Objekte, sie sind nicht zum Berühren gedacht. Und das ist für mich zum Beispiel auch ein ausschließendes Kriterium. Ich finde das für mich nicht interessant so mit Materie zu arbeiten. Dass zum Beispiel die Künstlerin dann eine privilegierte Beziehung zu diesem Material hat und niemand anderes darf das anfassen. Das macht für mich keinen Sinn. Ich glaube das hat ganz viel mit kapitalistischer aber auch mit religiöser Geschichte zu tun, warum das so ist. Deswegen arbeite ich halt mit zeitbasierten Medien, die sich nicht so leicht in sakrale Objekte verwandeln lassen, die unberührbar sind und dadurch wertvoll oder so. Materialität spielt in meiner Arbeit eine ganz wichtige Rolle, aber es ist eher die Materialität der Menschen und der Welt und des Lebens und nicht unbedingt die Materialität eines bestimmten Mediums. Also mich interessiert zum Beispiel auch nicht das Filmmaterial, oder jetzt ganz konkret dieses elektronische Material. Das ist auch wichtig, aber das ist nicht an sich das Medium. Das Medium ist die Veränderung oder das Leben. Also für mich ist Materialität, was in Veränderung ist, also was sich die ganze Zeit verändert.
Zeitbasierte Medien haben etwas damit zu tun, dass Menschen Zeit zusammen verbringen oder, dass Menschen Zeit mit einem Kunstwerk verbringen und, dass diese Zeit irgendwie das Medium ist, also, dass es da eine rhythmische Komponente gibt. Für mich ist Text zum Beispiel auch ein rhythmisches Arbeiten. Da geht es ganz stark darum, dass der Rhythmus stimmt. Oder, dass ich mit dem Rhythmus arbeite, das ist halt auch das Aussprechen von den Wörtern, bestimmte Informationen zu geben oder nicht, zwischen Enthüllen und Verhüllen. Und das tun ja alle zeitbasierten Medien, sozusagen Informationen portionieren. Und das tun Installationen oder Skulpturen eben nicht so sehr oder Bilder. Bilder können vielleicht auch zeitbasiert sein, je nachdem wie sie gebaut sind. Aber tatsächlich zeitbasierte Medien portionieren Informationen noch viel mehr, weil du halt als Besucher*in warten musst, bis das und das gezeigt wird oder wieder verhüllt wird. Und das geht halt irgendwie um diese rhythmische Portionierung. Unser Gehirn ist ja auch ein Zeitbasiertes Medium irgendwie. Also jetzt mal elektronisch oder bioelektrisch gesehen, speichern wir unsere Informationen auch durch elektromagnetische Wellen. Das Rhythmische ist auf jeden Fall ein wichtiger Teil vom zeitbasierten Arbeiten. Aber es geht eben auch darum, dass die Leute Zeit verbringen müssen, dürfen, können, sollen mit der Arbeit. Dass es eben auch nicht um Besitz geht. Natürlich kann man auch Videokunst verkaufen und zum Objekt machen, aber mich interessiert Besitz nicht als Form.
Also ich hatte eine sehr experimentelle Phase in den letzten zwei Jahren. Und da zeigt sich so ein Versuch eben auch Objekte zu nutzen, damit die Besucher*innen mit mir oder mit meiner Arbeit Zeit verbringen und dieses Zeitverbingen irgendwie selbst zum Thema zu machen. Wenn sie wirklich Zeit verbringen wollen mit dem Video, verbringen sie damit Zeit, wenn sie es nicht wollen, dann legen sie es zurück. Diese Freiheit fand ich wichtig und die fand ich interessant, aber natürlich auch verletzend, weil natürlich niemand das Video bis zum Ende geguckt hat. Es verlangt sehr viel von den Besucher*innen, wenn du den Einschaltknopf die ganze Zeit in der Hand hältst. Was natürlich auch in unserer gegenwärtigen Art und Weise damit zu tun hat, wie wir halt Dinge sehen. Also auf dem Handy habe ich einfach eine kurze Aufmerksamkeitsspanne und genauso ist es mit This Handy Object, da kann man nicht so lange aufpassen. Weil du dich die ganze Zeit fragst, soll ich es ausstellen oder nicht. Und da gehe ich nicht besonders sanft mit meinem eigenen Video um. Wenn ich jetzt einen Film mache für ein Kino, dann sind die Leute gefesselt an diesen Sitz und es ist ein autoritäreres Format und die gucken sich das bis zum Ende an und so viel ist klar. Natürlich nicht in einer Galerie, aber auch dort ist es eher so, dass wenn du in so eine Blackbox reinläufst und der Film auf einem großen Screen läuft und du ein bisschen Zeit mitgebracht hast, dass du eher sitzenbleibst, als wenn du stehst und so ein Objekt in der Hand hältst und nicht genau weißt, soll ich das jetzt gucken, oder geht es hierum, oder worum geht es jetzt. Und bei dem Kies ging es halt auch um die Verbindung zwischen dem Ort, wo ich das gedreht habe, und dem Raum, in dem es ausgestellt ist. Weil, ich möchte ja die Leute irgendwo hin mitnehmen auch, also es geht schon auch um die Besucher*innen. Es geht jetzt nicht darum – und das haben zeitbasierte Medien eben alle gemeinsam, die kommen ja auch irgendwie aus der Bühnenkunst und so. Also alle zeitbasierte Medien greifen ja irgendwie auf eine Form von Aufführungsgeschichte zurück und da geht es um die Leute, die da sind. Also das ist nicht einsam, da geht es um die Verbindung zwischen den Leuten.