ARTWORK
Also jetzt gerade bin ich noch mal an einer größeren Recherche dran, was ich jetzt auch gerade total spannend finde. Längere Zeit hatte ich nämlich irgendwie eher so freiere Sachen gemacht, die nicht so sehr recherchebasiert waren. Und ich habe jetzt gerade letztes Jahr und das wurde gerade ausgestellt, die läuft auch noch im District, das ist eine Ausstellung in Auseinandersetzung mit dem Robert-Havemann-Archiv, also das Archiv der DDR-Positionen, das sich aus der Umwelt-Bibliothek in Ostberlin entwickelt hat. Das war auch eine Anfrage eben von Susa Husse und Elske Rosenfeld, die dieses Projekt gemacht haben Künstlerische Forschung im Archiv der DDR-Positionen, dass ich mich mit der Umweltbewegung noch mal auseinandersetze und das passt total gut zu meinen Fragen, die ich generell gerade habe. Da geht es auch ganz viel um körperliche Kommunikation mit anderen Wesen, die nicht unbedingt Menschen sind. Oder auch mit Menschen, natürlich, weil wir eben auch Aspekte haben an uns, die jetzt nicht sprachlich oder verbal oder maschinell sind. Da merke ich jetzt gerade, dass ich da ganz viele Sachen miteinander verbinden kann und das wird jetzt auch weiter gehen. Also ich habe dort eine Installation gemacht – ich habe jetzt da sogar noch so einen Eimer mit Kies stehen, also ich weiß nicht ob ihr da – jetzt hier zum Beispiel steht jetzt noch dieser Eimer mit Kies rum, so ungefähr – obwohl das ist gar nicht jetzt der gewesen – ich hatte dort so eine Installation gemacht, im District, das war meine erste Rauminstallation. Eine Rauminstallation, die sich nicht nur auf Video beschränkt, oder auf bestimmte – sehr stark technisch zentrierte Installation. Das Zentrum des Raumes ist dieser riesige Kieshaufen, acht Tonnen von Kies, und wenn du das Video sehen willst, musst du eigentlich auf diesen Haufen drauf gehen, dort liegen die Kopfhörer oben drauf. Das ist eine Zweikanal-Installation, die eine Seite zeigt ein Video, was mich zeigt, wie ich auf einem anderen Kieshaufen in einer Betonfabrik bestimmte Texte anbringe mit Spraydose. Und die andere Installation, wofür die die Kopfhörer sind, zeigt Archivmaterial aus dem Robert-Havemann-Archiv, das ich total intuitiv zusammengeschnitten habe. Also was eine Recherche ist, mit der die erstmal auch im Archiv überhaupt gar nicht umgehen konnten, weil ich meinte, ich muss mir das einfach angucken und worauf ich reagiere, das nehme ich dann. Das wollten die mir erst nicht erlauben und dann hat das aber irgendwie doch geklappt, dass ich einfach in dem Archiv rumsuchen konnte, und dann habe ich eine relativ emotional gesteuerte, aber auch nicht nur emotional gesteuerte, aber eher sozusagen, ja assoziativ – ich würde einfach sagen assoziativ gesteuerten Schnitt daraus gemacht – zwanzigminütiges Video, was für manche Leute total viel hervorruft, aber nicht für alle. Ich glaube, das hat auch was mit persönlichen Erinnerungen zu tun, also die Ostdeutschen meiner Generation, die das gesehen haben, die reagieren da total stark drauf und andere vielleicht nicht. Und das war für mich auch total interessant. Das ist aber nicht total messy, sondern ich habe da auch ganz bewusste Entscheidungen getroffen, dass es da auch eine Narration gibt zum Beispiel in gewisser Hinsicht oder eine Entwicklung, oder, dass es eine gewisse Orientierung gibt. Es gibt in meinen Videos oder Radiostücken, also in meinen stärker narrativen Arbeiten geht es darum, lose Fäden irgendwie zusammen zu weben, aber mit Orientierung, aber nicht zu viel Orientierung. Es geht irgendwie darum, die Orientierung in einer Balance zu halten. Also, dass man folgen kann, dass es nicht darum geht, die Leute zu verwirren, sondern es geht irgendwie darum, sich auch zu befreien von so bestimmten Strukturen, die ja auch einfach nur überliefert sind, warum jetzt Narration so und so aufgebaut sein muss oder die Orientierung im Raum oder in der Zeit so und so sein soll. Weil, so funktioniert ja nicht unser Gehirn, unser Gehirn schmeißt ja immer alles zusammen und ist nicht so stark linear strukturiert. Und ich will mich einfach stärker daran orientieren, was körperlich real ist, und das ist für mich als Mensch auch, dass die Dinge manchmal einfach nicht linear sind, dass meine Erinnerung nicht linear ist, dass meine Narration, meine Orientierung in der Welt nicht linear ist.
Ich habe mich sehr über die Reaktion gefreut bei der Arbeit, dass manche Leute das sofort verstanden haben, dass das um die Stimmung geht in dem Raum, dass man sich einfach auf diesen Kieshaufen setzt und, dass dann das Video kommt, dass das Video nicht das allerwichtigste ist, sondern dass es erstmal wichtig ist, wie bin ich im Raum, was ist für mich noch im Raum, was sind die Steine. Was kann ich selber assoziieren mit auf so einem Steinhaufen sitzen.
In der letzten Arbeit Deponie schreibe ich mit Spray auf einen Kieshaufen und die Sprache zerstört sich sozusagen während des Schreibens, weil ich drüber laufen muss, weil es sozusagen schwierig ist auf diesem Haufen sowohl zu schreiben als auch alles stehenzulassen. Und deswegen ist die Sprache irgendwie so ein bisschen im Fluss, aber auch ungewollt zum Teil oder auch gewollt. Also jedes Mal, wenn ich den Text ändere, renne ich oder laufe ich oder auch wische ich mit der Hand wieder die Sprache weg und das ist ein sehr genüsslicher Moment auch für mich, also dieses Auslöschen von Sprache auf diesem Kieshaufen. Also da sind die Buchstaben auch so groß und das ganze Schreiben involviert halt meinen ganzen Körper, das Schreiben und das Löschen. Und das Symbolische – ich will das nicht zerstören, ich will nicht das Sprache entmachtet wird, also nicht total zumindest – ich will nur, dass das ausbalanciert wird, dass es gleichwertig wird mit anderen Wahrnehmungsformen oder mit anderen Formen, mit denen ich in der Welt bin. Und das heißt, dass Umgang, und das ist ein körperlicher Umgang mit den Dingen, dass ich dafür meine eigene Wahrnehmung schärfe. Und das heißt auch, dass ich dann mehr in der Gegenwart bin und, dass ich mich für körperliche Formen interessiere, mit denen die Macht hergestellt wird zwischen Menschen aber auch zwischen Infrastrukturen und Menschen. Also das ist eine Auseinandersetzung damit, was da ist, was hier ist, was handlich ist oder auch unhandlich, aber was auf jeden Fall eine körperliche Interaktion immer mitbeinhaltet.